Bitte oder Registrieren, um Beiträge und Themen zu erstellen.

Retinopathia centralis serosa?

VorherigeSeite 2 von 2

Sehr geehrtes Team Gölzer,

es ist bedauerlich zu hören, dass der Patient bislang keine positive Entwicklung seiner Erkrankung erfahren hat – insbesondere angesichts der belastenden Dauer des Verlaufs. Noch gravierender ist die Information, dass ihm der Zugang zu einer potenziell wirksamen Therapie verweigert wurde. Gerade in solchen Fällen ist ein sensibler und zugleich klar strukturierter diagnostisch-therapeutischer Ansatz essenziell.

Aufgrund der anhaltenden subretinalen Flüssigkeit und des beidseitigen Befalls muss die vorliegende zentrale seröse Chorioretinopathie (CSCR) nun als chronische Form (cCSCR) klassifiziert werden. In solchen Fällen sollte vorrangig eine differenzialdiagnostische Abklärung einer sekundären choroidalen Neovaskularisation (CNV) erfolgen, insbesondere im Kontext choriochorioretinaler Läsionen. Diese Abklärung sollte mittels Fluoreszenzangiographie und idealerweise in Kombination mit einer OCT-Angiographie erfolgen.

Liegt eine Neovaskularisation vor, so ist gemäß aktueller Leitlinien eine intravitreale Injektion mit VEGF-Inhibitoren indiziert – eine zugelassene Therapieoption. Zwar kann bei hoher CNV-Aktivität eine Injektion ohne morphologischen Benefit verlaufen, dennoch entspricht die IVOM in diesem Fall dem aktuellen medizinischen Standard. Im vorliegenden Fall ist jedoch zu beachten, dass in den bisherigen OCT-Schnitten keine eindeutige subretinale pathologische Struktur identifizierbar war, die auf eine aktive CNV hinweisen würde. Dennoch vertraue ich darauf, dass die beteiligten Kolleginnen und Kollegen vor Ort die richtige klinische Einschätzung getroffen haben.

Für Patienten mit chronischer CSCR ohne Nachweis einer Neovaskularisation bestehen aktuell zwei evidenzbasierte therapeutische Optionen, die in kontrollierten Studien nachweislich zu einer Resorption der subretinalen Flüssigkeit und in vielen Fällen zu einer Verbesserung der funktionellen Sehschärfe führten:

  1. Photodynamische Therapie (PDT) mit Verteporfin in reduzierter Dosierung ("Half-Dose")
    Diese Therapie zielt auf eine selektive Verengung krankhaft durchlässiger choroidaler Gefäße, um die subretinale Flüssigkeit zu resorbieren. Zahlreiche Studien zeigen eine Erfolgsquote von über 90 % hinsichtlich Flüssigkeitsrückbildung innerhalb von 12 Monaten sowie eine signifikante Reduktion der Rezidivrate. Die DOG (Deutsche Ophthalmologische Gesellschaft) empfiehlt die Half-Dose-PDT in ihrer offiziellen Stellungnahme vom Oktober 2021 als evidenzbasierte Therapieoption bei chronischer CSCR. Trotz überzeugender Datenlage erfolgt die Anwendung außerhalb der zugelassenen Indikation (Off-Label-Use), was eine individuelle Kostenübernahme durch die Krankenkasse erforderlich macht.

  2. Unterschwellige -Lasertherapien (z. B. Mikropulslaser, SRT)
    Diese modernen Verfahren zielen auf eine nicht-thermische Reizung des retinalen Pigmentepithels ab, um Regenerationsprozesse anzustoßen, ohne umliegendes Gewebe zu schädigen. Besonders bei subfovealer Lokalisation stellen sie eine schonende Behandlungsalternative dar. Auch hier belegen klinische Studien eine signifikante Resorption subretinaler Flüssigkeit und eine mögliche Verbesserung der Sehschärfe, abhängig vom Leckagemuster. Nebenwirkungen sind insgesamt selten und meist mild.

Beide Therapieansätze sind Bestandteil der DOG-Empfehlung von Oktober 2021 (inkl. Studienverweise), und sie gelten als fachlich anerkannte – wenn auch formell nicht zugelassene – Behandlungsoptionen bei chronischer CSCR. Die Durchführung dieser Maßnahmen erfordert daher eine individuelle Kostenübernahmeerklärung durch die gesetzliche Krankenkasse im Rahmen eines sogenannten Off-Label-Use.

Dabei gilt: Eine Off-Label-Therapie kann von der Krankenkasse verweigert werden, sofern nicht folgende, rechtlich geforderte Voraussetzungen erfüllt sind (§ 12 SGB V; st. Rspr. BSG & BVerfG):

  • Es liegt eine schwerwiegende, ggf. lebensqualitätseinschränkende Erkrankung vor.

  • Es gibt keine zugelassene, medizinisch gleichwertige Therapiealternative.

  • Es besteht eine nicht ganz fernliegende Aussicht auf positiven Krankheitsverlauf, nachgewiesen durch eine belastbare wissenschaftliche Datenlage (z. B. kontrollierte klinische Studien oder Metaanalysen).

Für eine erfolgreiche Kostenübernahme ist das Engagement des behandelnden Arztes oder der behandelnden Therapeutin von zentraler Bedeutung. Neben der gemeinsamen Antragsstellung mit dem Patienten ist eine ausführlich dokumentierte medizinische Begründung beizufügen. Diese sollte insbesondere die Alternativlosigkeit der Off-Label-Therapie, die Schwere der Erkrankung sowie die Evidenzlage nachvollziehbar darlegen – unter Bezugnahme auf die wissenschaftliche Literatur und Fachgesellschaftsempfehlungen wie die der DOG.

Ein strukturierter, gut begründeter Antrag erhöht die Erfolgsaussichten erheblich, da er es der Krankenkasse und dem Medizinischen Dienst ermöglicht, die sozialrechtlichen Voraussetzungen einer Einzelfallentscheidung sachlich zu prüfen und im Sinne des Patienten zu bewerten.

Zwar kann ich in diesem Fall nur eingeschränkt direkt unterstützend tätig sein, verfolge den Verlauf jedoch weiterhin aufmerksam und stehe bei Bedarf gerne mit fachlicher Expertise unterstützend zur Verfügung.

Beste Grüße,

Dr. med. Joshua Torrent Despouy

VorherigeSeite 2 von 2