OCT-Technologie

Die OCT-Technologie gehört zu den jüngsten und zugleich wichtigsten optischen Bildgebungsverfahren im Bereich der Augenheilkunde. Die Abkürzung OCT steht dabei für  ‚Optische Cohärenz Tomographie‘, eine Technologie, welche die Augenheilkunde revolutioniert hat. Wie man aus dem Namen bereits ableiten kann, handelt es sich um ein optisches Verfahren, bei dem mittels Laserlicht ‚Schnitte‘ aus dem Gewebe erzeugt werden. Diese Schnittbilder werden Tomogramme genannt. Die Kohärenz beschreibt nicht nur die wichtigste Eigenschaft von Laserlicht, sondern ist der fundamentale Bestandteil der OCT-Technologie. Ein OCT lässt sich von seiner Funktionsweise am ehesten mit der deutlich einfacheren Ultraschall-Technologie vergleichen. Im Gegensatz dazu handelt es sich jedoch um eine noninvasive und kontaktlose Untersuchungsmethode.

Aus technischer Sicht ist OCT eine Weiterentwicklung der LCI-Technologie (Low-Coherence Interferometry).

Michelson
Aufbau eines Michelson Interferometers mit kohärenter Lichtquelle

Im Kern besteht jedes OCT aus einem Michelson Interferometer, welches das Licht der kurz-kohärenten Lichtquelle (Laser) in zwei ‚Arme‘ aufteilt. Diese Technologie wurde unter anderem in den USA verwendet, um die, von Albert Einstein beschriebene, Theorie der Gravitationswellen nachzuweisen. Die Gesamtintensität, welche an der Photodiode oder Zeilenkamera ankommt, kann über diese Formel ermitteln werden:

Technologie-Formel

I1 und I2 entsprechen dabei den Intensitäten der beiden Lichtwellen in den verschiedenen Armen und ΔƐ beschreibt den relativen Phasenversatz zwischen den beiden Wellen. Bei kurz-kohärenten Lichtquellen muss zusätzlich die Kohärenzlänge Lc berücksichtigt werden. Die Kohärenzlänge kann aus der Kohärenzzeit tc und der Lichtgeschwindigkeit c ermittelt werden.

Das benötige Interferenzsignal für die OCT-Untersuchung kann lediglich entstehen, wenn sowohl die zeitliche (gleiche Phase) als auch die räumliche Kohärenz (gleiche Richtung) eingehalten werden. Dies ist der Grund, warum in einem OCT immer ein Laser bzw. eine SLD als Lichtquelle zum Einsatz kommt. SLD steht für ‚superluminescent Diode‘, eine laserähnliche Lichtquelle, die allerdings keine optische Cavity besitzt. Die verwendeten Wellenlängen in einem OCT variieren dabei in Abhängigkeit vom Anwendungsbereich zwischen 850 und 1550 nm. Die erreichten Ausgangsleistungen liegen im Bereich von mW. Dank der hohen räumlichen Kohärenz und der guten Strahlqualität eignen sie sich besonders gut für die Einkopplung in optische Lichtwellenleiter. Eine unkomplizierte, günstige und justagefreie Form der Strahlführung in einem OCT.

Das Laserlicht wird in Abhängigkeit von der Art der Zelle unterschiedlich stark absorbiert oder reflektiert, wodurch es zu unterschiedlichen Helligkeiten innerhalb der Netzhautschichten kommt. Zusätzlich wird das Signal des Lasers in Abhängigkeit von der Eindringtiefe ins Gewebe unterschiedlich stark verschoben, wodurch zusätzlich Tiefeninformationen gewonnen werden. Die Informationen werden je nach verwendetem OCT unterschiedlich erzeugt bzw. gewonnen, doch dazu später mehr.  Die maximale Eindringtiefe eines OCT ist, bei medizinischen Anwendungen, auf circa 5 Millimeter begrenzt. Die typische Auflösung der OCT-Technologie liegt dabei im Mikrometerbereich und damit nur knapp über der Auflösung eines Mikroskops. Die axiale Auflösung hängt fast ausschließlich an der verwendeten Lichtquelle und  kann über diese Formel beschrieben werden:

Technologie-Formel-2

OCT-Generationen

Die meisten aktuell genutzten OCT-Geräte verwenden die Technologien ‚Spektral-Domain‘ oder ‚Frequenz-Domain‘. Vereinzelt befinden sich noch OCTs der ersten Generation auf dem Markt, die sogenannten ‚ Time Domain-OCTs‘ (TD-OCT).

TDvsSD
Vergleich einer TD- und einer SD-OCT Aufnahme.

Bei diesen Modellen wurde die vorab beschriebene Tiefeninformation durch einen bewegenden Spiegel im Referenzarm erzeugt, was die Geräte in der Praxis langsam macht. In den aktuellen Spektral-Domain OCTs (SD-OCT, SOCT oder FD-OCT) gibt es keine beweglichen Bauteile während der Messung mehr. Die Tiefeninformation wird bei dieser Gerätegeneration über ein diffraktives Gitter und eine Zeilenkamera gewonnen. Die Kombination der beiden Bauteile nennt man Spektrometer. Je tiefer der Lichtstrahl ins Gewebe eindringt, desto höher wird die an der Zeilenkamera gemessene Frequenz. Mit Hilfe der Fourier-Transformation werden die unterschiedlichen Frequenzen in Tiefeninformationen zurückgerechnet.

Der Vorteil dieser Methode liegt in einer unveränderten Auflösung entlang der optischen Achse und in hohen Scan-Geschwindigkeiten, weil alle Frequenzen eines einzelnen A-Scan auf einmal ausgewertet werden können. Die dritte und neueste OCT-Generation basiert auf der ‚Swept-Source Technologie ‘ (SS-OCT). Bei diesen Geräten werden durchstimmbare Lichtquelle verbaut, die selbstständig die unterschiedlichen Frequenzen erzeugen können, um unterschiedliche Tiefen zu erreichen. Dadurch kann auf ein Spektrometer verzichtet werden. Die Entwickler dieser Geräte hatten sich erhofft, nochmal deutlich höhere Scan-Geschwindigkeiten zu erreichen, da in der Theorie bis zu 1 Million A-Scans pro Sekunde möglich sind. Allerdings gibt es noch keine marktreife Maschine, die diese Geschwindigkeit wirklich erreichen kann. Das derzeit schnellste OCT auf dem Markt, mit 130.000 Scans pro Sekunde, basiert auf der SD-OCT Technologie und kann gerne bei uns getestet werden (Optopol REVO NX 130).

OCT-Scans

Mit einem OCT können verschiedene Scan-Muster aufgezeichnet werden. Um schnell, übersichtlich und zuverlässig eine große Fläche zu untersuchen, eignet sich am besten der Volumen- bzw. 3D-Scan. Um lokale Veränderungen hochauflösend und präzise dokumentieren zu können, eignen sich besonders gut der Raster-, Stern- oder Kreuz-Scan. Bei erschwerten Bedingungen, wie zum Beispiel einem Kunden mit Nystagmus, kann der Single-B-Scan verwendet werden, um wenigstens Informationen aus dem wichtigsten Bereich der Makula zu erhalten. All diese Scan-Muster setzen sich aus zahlreichen A-Scans zusammen.

Scan-Aufbau
Schematischer Aufbau von A-Scan, B-Scan und 3D-Scan

Unter einem A-Scan versteht man einen einzelnen “Schuss” des Lasers bzw. der SLD. Wie bereits oben angesprochen, werden unterschiedliche Intensitäten und Tiefeninformationen entlang des A-Scans gesammelt. Setzt man nun viele dieser A-Scans entlang einer Linie zusammen, entsteht der sogenannte B-Scan. Ein B-Scan ergibt das typische Tomogramm mit dem entsprechenden Ausschnitt der Augenstrukturen und wird vom Kunden als typische Laserlinie wahrgenommen. Legt man nun viele dieser B-Scans an der gleichen Netzhautstelle übereinander, erhält man einen HD-Scan. Mittels Bildbearbeitung kann bei diesen Scans dann die optische Auflösung von 5 Mikrometer auf eine digitale Auflösung von 2,6 Mikrometer gesenkt werden. Die vorab beschriebenen Scan-Muster können aus einer unterschiedlichen Anzahl von B-Scans zusammengesetzt werden. Ein 3D-Scan setzt sich aus bis zu 256 B-Scans zusammen, die parallel nebeneinander angeordnet werden.