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Retinopathia centralis serosa?

Hallo an alle,

ich habe einen Fall, den ich nicht einordnen kann.

Alter: 64, inzwischen Nichtraucher, Bluthochdruck medikamentös eingestellt

  1. Aufnahme März 23: Visus bds. 1,00, leichte Unregelmäßigkeit in der Netzhaut beim linken Auge
  2. Aufnahme November 23: Kunde beklagt verzerrtes Sehen links, OCT zeugt deutliche Abhebung/Flüssigkeitsansammlung? in der Netzhaut, Klinik diagnostiziert AMD und schickt Patienten mit Augentropfen und Amsler-Gitter nach Hause, das rechte Auge ist unauffällig
  3. Aufnahme Dezember 23: Abhebung nun zentraler in der Fovea, Visus LA mit Brille: 0,60, mit +1,00 mehr: Visus 1,00, FAG wurde von niedergelassenem Augenarzt gemacht, ist unauffällig
  4. Aufnahme Februar 24: Abhebung wird kleiner, Sehen wird weniger störend wahrgenommen

Der niedergelassene Augenarzt ist sich unsicher und rät zum Abwarten, Spritzen o.ä. sind nicht angedacht.

Handelt es sich hier tatsächlich um die "Manager-Krankheit"? Dafür ist der Patient doch eigentlich zu alt und ist seit kurzem zudem in Rente. Eine AMD hätte ich nicht angenommen. Kann ich ihm etwas anderes raten, als weiter abzuwarten? Wann könnte es zu einer kompletten Rückbildung der Flüssigkeitsansammlung kommen? Ist soetwas überhaupt zu erwarten?

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Hallo an Team Gölzer,

 

im Praxishandbuch Netzhaut von Tom Köllmer findet sich eine Aufnahme die adäquat eurer aussieht.
Dort ist als Befund die Chorioretiopathia centralis serosa als angeführt.
Ich habe die Seite als Scan angeführt.
Viele Grüße

Thomas Haug

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Schöne Dokumentation der Aufnahmen! Ich schließe mich Herrn Haug an und sehe ebenfalls eine Chorioretiopathia centralis serosa. Dazu passt der Ort der Flüssigkeitseinlagerung, der zeitliche Verlauf und die Hyperopisierung (Messung im Dez. 23).

Ich habe ergänzend folgende Fragen: Welche Bedingungnen müssen erfüllt sein um von einer chronischen CCV zu sprechen? Persistenz? Rezidive? Und welche augenärztlichen Maßnahmen werden dann ergriffen?

Liebe OCT-Interessierte,

 

ich freue mich, hier ein paar Gedanken mit euch zu teilen. Es ist wirklich ermutigend zu sehen, wie gut dieses Forum funktioniert und wie bereichernd der Austausch sein kann. Ein besonderer Dank geht an Herrn K. für die klare Präsentation und die beeindruckenden Bilder.

 

In dem Fall, über den wir sprechen, handelt es sich um ein typisches Beispiel für eine Chorioretinopathia centralis serosa (CRCS), umgangssprachlich auch bekannt als "Manager-Krankheit". Dies ist eine Erkrankung, die typischerweise einseitig auftritt und oft bei Männern mittleren Alters mit hohem geistigen und körperlichen Stress, auch als Typ A Persönlichkeit bekannt, auftritt.

 

Die Symptome sind ein plötzlicher Beginn von Sehstörungen wie verschwommenem oder verzerrtem Sehen, wie wir es auch hier sehen. Bei der Untersuchung mittels OCT zeigt sich eine klare „Spaltbildung“ unterhalb der zentralen Netzhaut aufgrund einer Ansammlung von Flüssigkeit darunter. Im Gegensatz zu anderen Augenerkrankungen wie der altersbedingten Makuladegeneration (AMD) fehlen bei CRCS typischerweise Begleiterscheinungen wie Drusen oder Gefäßveränderungen.

 

Die genauen Ursachen für CRCS sind noch nicht vollständig verstanden, aber es wird angenommen, dass Störungen im Bereich des retinalen Pigmentepithels (RPE) und der äußeren Blut-Retina-Schranke beteiligt sind, was zu Flüssigkeitsansammlungen führt.

Es gibt Hinweise darauf, dass Kortisontherapie die Entwicklung von CRCS begünstigen kann, aber die Verläufe sind vielfältig und nicht alle lassen sich erklären.

 

Der Krankheitsverlauf kann akut oder chronisch sein. In den meisten Fällen heilt CRCS innerhalb von Monaten spontan ab, aber bei chronischem Verlauf sind verschiedene Behandlungsmethoden wie Medikamente, Lasertherapie und intravitreale Injektionen möglich.

 

Akute Fälle, wie auch hier, werden oft mit einer abwartenden Haltung behandelt, begleitet von Stressreduktion und unterstützenden Medikamenten (Augentropfen und ggf. auch Tabletten zur Flüssigkeitsregulation. Injektionen (IVOM) sind bei dieser Erkrankung wirksam, jedoch nicht zugelassen. Sie werden erst bei Chronifizierung erfolgreich eingesetzt.

 

Ich freue mich über einen weiteren Austausch und über weitere, spannende Fälle,

 

Joshua Torrent Despouy

Moin Herr Torrent Despouy,

vielen Dank für ihre ausfühliche Antwort; die Bilder und ursprüngliche Fragestellung stammen allerdings vom Team Goeltzer aus Berlin.

Sie haben von unterstützenden Tropfen zur Flüssigkeitsregulation geschrieben. Welches Produkt wird hier häufig verschrieben (Nevanac?) und wie ist der lokale Wirkungsansatz der Medikamente? Wann kann nach Medikamentengabe frühestens mit einer Verbesserung gerechnet werden?

Beste Grüße und einen schönen Feiertag,

Martin Kneppeck

Hallo zusammen,

Grundsätzlich werden alle therapeutischen Ansätze für diese spezifische Veränderung im sogenannten Off-Label-Gebrauch angewendet. Das bedeutet, dass sie zwar nicht explizit für diese Veränderung entwickelt wurden, aber aufgrund ihrer pathologischen Ähnlichkeit dennoch wirksam sind. Konkret kommen entzündungshemmende Tropfen wie Acular oder Nevanac zum Einsatz. Ich überprüfe gerne die Wirksamkeit nach einer Behandlungsdauer von 4 Wochen.

Viele Grüße und ein schönes Wochenende,

Dr. Joshua Torrent D.

Hallo liebe OCT-Anwender,

es gibt Neuigkeiten von meinem Fall...leider gibt es bisher noch keine Verbesserung. Die Flüssigkeitsansammlung vergrößert sich und verteilt sich weiträumig nach inferior (siehe angefügte Bilder). Ich habe auch einen Radial-Scan gemacht und den Verlauf anzeigen lassen.

Die behandelnde Augenärztin weiß noch immer nicht so Recht, was nun getan werden kann. Ist es auch bei solch einem Verlauf zu erwarten, dass sich die Flüssigkeit spontan und zeitnah zurückbildet. Der Stress ist bei dem Patienten weitgehend reduziert - er ist Rentner. Was kann ich ihm noch empfehlen?

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Hallo,

mich würde diesbezüglich interessieren, wie lange wartet man ab und ab wann bezeichnet man es als chronisch? Gibt es dort zeitliche Einteilungen?

 

LG

Christian

 

Hallo zusammen,

vielen Dank für das erneute Update zu diesem Fall. Es ist bedauerlich, dass sich beim Patienten bislang keine Besserung gezeigt hat. Wie bereits zuvor erwähnt, ist die zentrale seröse Chorioretinopathie (CSCR) eine besondere Erkrankung. Sie tritt oft plötzlich auf und verursacht stark einschränkende Symptome. In der Regel gilt sie jedoch als „gutartig“, da sie selbstlimitierend ist und sich normalerweise innerhalb weniger Wochen von selbst zurückbildet, wodurch der Patient wieder zur Normalität zurückkehren kann.

In diesem Fall sehen wir jedoch anhand der OCT-Verlaufsdarstellung, dass der Patient bereits seit mehr als acht Monaten mit der Problematik kämpft. Die subretinale Flüssigkeit zeigt Schwankungen im Volumen, ist aber nie vollständig verschwunden. Wenn eine CSCR so lange anhält – über drei bis vier Monate hinaus – und keine Besserung eintritt oder immer wiederkehrt, stufe ich sie als chronisch ein.

Wie sollte man in so einem Fall weiter vorgehen? Aus meiner klinischen Erfahrung gehört nur ein kleiner Teil der Patienten (etwa 5-10%) zu dieser hartnäckigen Gruppe.

Zunächst würde ich die Diagnostik erneut bewerten. Eine Fluoreszenzangiographie könnte helfen, die Pathologie besser zu visualisieren und den genauen Ort der Undichtigkeit (den sogenannten Quellpunkt) auf der Ebene der Netzhaut oder Aderhaut zu bestimmen. Wichtig ist, zu klären, ob diese Undichtigkeit zentral oder exzentrisch zur Fovea liegt. Zudem könnte durch diese Untersuchung ausgeschlossen werden, ob eine pathologische Gefäßneubildung (sekundäre Choroidalneovaskularisation) vorliegt, die eine Chronifizierung der Erkrankung verursacht.

Liegt der Quellpunkt exzentrisch, könnte eine gezielte Laserbehandlung der nächste therapeutische Schritt sein, um die Undichtigkeit zu verschließen. Befindet sich der Quellpunkt zentral, werden heutzutage sanfte Laserverfahren eingesetzt, um die Blut-Retina-Schranke zu regulieren und die Flüssigkeitsansammlung zu stoppen. Hierzu gibt es verschiedene moderne Techniken:

  • SRT-Laser (Selektive Retina Therapie): Zielt darauf ab, nur die betroffenen Zellen des retinalen Pigmentepithels zu zerstören.
  • MP-Laser (Micro Pulse): Ein weiteres, sanftes Laserverfahren.
  • Photodynamische Therapie: Hierbei wird das Medikament Visudyne durch einen Laser im Auge aktiviert.

Sollte die Fluoreszenzangiographie auf Neovaskularisationen (CNV) hinweisen, wäre eine intravitreale Injektion mit Anti-VEGF (Augeninjektionen) ein geeigneter Ansatz.

Wie Sie sehen, ist die Behandlung einer chronischen CSCR ein sehr komplexes Thema. Die Leitlinien sind oft nicht eindeutig, und es gibt unterschiedliche Ansätze. Das oben beschriebene Vorgehen ist mein persönlicher Behandlungsweg, der sich im Rahmen der Leitlinien bewegt.

Ich würde mich freuen, zu erfahren, wie es mit dem Patienten weitergeht.

Viele Grüße,

euer Dr. Joshua Torrent Despouy

Markus Sass hat auf diesen Beitrag reagiert.
Markus Sass