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Hornhautdystrophie ? Epitheliale Dystrophie? - Handlungsempfehlung

Hallo,

hier haben wir eine 50 jährige Kundin die vor sechs Jahren das letzte mal bei uns war.

Visus cc beidseitig 1.1 mit einer leichten Myopie.

IOD R 19,6 und L 21.2 gemessen um 9:32 Uhr mit dem ICARE Tonometer

NFL R 121 L 111

Betrachtung mit der Spaltlampe: kleine oberflächliche runde Trübungen auf der Hornhaut

OCT: Auffälligkeiten vom Epithel durch die Bowmanschicht bis leicht ins Stroma

Keine Beschwerden oder Schmerzen wollte eigentlich Ortho-K Linsen tragen davon nehmen wir jetzt erst einmal Abstand bis zur endgültigen Klärung. Eventuell wäre mir  da noch die Versorgung mit Sclerallinsen in den Sinn gekommen.

Kundin war beim Augenarzt der sie zuerst weggeschickt hatte um dann nachträglich bei Ihr anzurufen um einen Termin in der Uni Frankfurt auszumachen. Das trägt natürlich nicht zur Sicherheit der Kundin bei. Sie hat jetzt einen Termin in der Uni Frankfurt in sechs Monaten bekommen.

 

Meine Frage reicht das oder sollte man noch nach einem schnelleren Termin schauen?

Ich freue mich über jeden hilfreichen Tipp und natürlich über die immer so ausführlichen Beschreibungen von Dr. Torrent Despouy.

 

Liebe Grüße aus Nidderau

Christian Funk

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Hallo zusammen,

heute eine eindrucksvolle Hornhautveränderung. Schon auf den ersten Blick war klar: Hier liegt eine klassische epitheliale Hornhautdystrophie vor – genauer gesagt eine Map-Dot-Fingerprint-Dystrophie (MDF), die zur Gruppe der epithelialen Basalmembran-Dystrophien (EBMD) gehört.

Was aber ist diese MDF?

Die MDF – auch bekannt als Cogan’s Dystrophie – ist eine erbliche, meist beidseitige und langsam fortschreitende Erkrankung der vorderen Hornhaut. Sie betrifft in der Regel Menschen ab dem 50. Lebensjahr, kann jedoch auch schon ab dem 30. Lebensjahr auftreten. Ihre Prävalenz liegt bei etwa 5%. Interessanterweise verläuft die Erkrankung oft asymptomatisch, weshalb viele Betroffene gar nicht beim Augenarzt vorstellig werden.

Pathologisch spielt sich das Geschehen vor der Bowman-Membran ab. Die Ursache liegt in einer fehlerhaften Ausbildung der Basalmembran, die sich teils verdickt, multilamellär ausbildet und sich abnormal in das Epithel einlagert. In Folge entstehen mikrozystische Veränderungen, charakteristische Zelldetritus-Einschlüsse sowie die typischen Map-, Dot- und Fingerprint-Muster:

  • Maps: Areale mit neugebildetem, mehrschichtigem Material im Epithel.

  • Dots: Graue Pseudozysten mit zellulären Einschlüssen - das sind die auffälligen, hellen Punkten in den schönen Aufnahmen von Herrn Funk!

  • Fingerprints: Wellenartige, intraepitheliale Linienstrukturen.

Bevorzugt betroffen ist dabei die zentrale und parazentrale Hornhaut.

Symptome:

Während viele Betroffene keine Beschwerden haben, können einige über eine verminderte Sehschärfe, irregulären Astigmatismus, Schwankungen der Refraktion oder auch über eine verkürzte Tränenfilmaufrisszeit klagen. Besonders eindrücklich: plötzlich auftretende Schmerzattacken beim Aufwachen, begleitet von Tränenträufeln – ausgelöst durch rezidivierende Erosionen der Hornhaut infolge epitheler Defekte.

Ein unterstützendes diagnostisches Werkzeug stellt die optische Kohärenztomographie (OCT) dar. Sie zeigt teils reflektive Dots in der Basalmembran, epitheliale Ausdünnungen sowie basalmembranöse Ausläufer.

Diskutiert wurde als Ursache lange über eine vererbte Komponente – und tatsächlich: Inzwischen konnte ein Zusammenhang mit einer Mutation des TGFβI-Gens hergestellt werden – ein Gen, das auch bei anderen Hornhautdystrophien eine Rolle spielt.

Die Behandlung richtet sich nach dem Schweregrad und verläuft stufenweise:

  1. Konservative Therapie:

    • Einsatz von Augentropfen (künstliche Tränen)

    • Bei Bedarf: weiche Kontaktlinsen zum Schutz der Hornhaut
      Diese Maßnahmen zeigen leider nur bei einem Teil der Patienten nachhaltigen Erfolg. Die Rückfallrate liegt bei etwa 11%.

  2. Manuelles Scraping (Abrasio):
    In symptomatischen Fällen entferne ich das veränderte Epithel manuell mit einem feinen Instrument. Ziel ist es, durch die gezielte Induktion einer oberflächlichen Erosio einen „Neustart“ der Epithelbildung zu ermöglichen. Dieses einfache, kostengünstige Verfahren zeigt häufig zufriedenstellende Ergebnisse und sollte vor jeder invasiveren Methode erwogen werden.

  3. Phototherapeutische Keratektomie (PTK):
    Wenn weder konservative Maßnahmen noch ein Scraping zur Besserung führen, kommt der Excimerlaser zum Einsatz. Die PTK kann gezielt:

    • Trübungen entfernen (oberflächliche PTK),

    • oder die Epithelhaftung verbessern (epitheliale PTK).

Ein spannender Fall mit eindrucksvoller Morphologie, der zeigt, wie wichtig ein geschulter Blick und ein gutes Verständnis der Pathophysiologie sind. Auch wenn die MDF selten zu schweren Sehbehinderungen führt, kann sie die Lebensqualität deutlich beeinträchtigen – umso bedeutender ist eine gezielte Diagnostik und ein individuelles Therapiekonzept.

Wenn man einmal mit dem Schreiben beginnt, lässt einen dieses Thema einfach nicht mehr los ;-) Sorry an alle, die auf eine Kurzfassung gehofft haben – aber in diesem Fall konnte ich einfach nicht an der "oberflächlich" bleiben!

Viele Grüße,

Dr. med. Joshua Torrent Despouy

Andy Steinmeyer hat auf diesen Beitrag reagiert.
Andy Steinmeyer

Guten Morgen,

nach kurzer Rücksprache mit Herrn Dr. Torrent Despouy möchte ich nur kurz ergänzen, dass ein Termin in den nächsten Monaten völlig ausreichend erscheint.

Durch die Angabe, dass die Kundin keine Beschwerden hat, wäre ein Termin theoretisch auch nicht notwendig.

 

Viele Grüße

Maren Kuhlmann

Optik Leibold Team hat auf diesen Beitrag reagiert.
Optik Leibold Team

Guten Morgen Herr Dr. med. Joshua Torrent Despouy,

vieeeeellleeeeen lieben Dank für die ausführliche Analyse auch im Namen meiner Kundin.

 

Liebe Grüße aus Nidderau

Christian Funk