auffällige Nervenfaserverluste?

Zitat von Isabel Bauch am 28. Februar 2025, 16:26 UhrHallo liebe Mitglieder,
ich habe einen Kunden, 61 Jahre alt, männlich. Der Visus pro Auge beträgt 1,25. Am rechten Unterlid befindet sich ein Hordeolum auf der tarsalen Bindehaut. Sonst keinerlei Auffälligkeiten am Vorderabschnitt. Druck ganz im Normalbereich bei R 14,6 mmHg und L 15,6 mmHg.
Makula ist bds. ohne Befund im OCT. Bei der Ansicht der Papille erscheint mir der superiore Nervenfaserstrang am rechten Auge ausgedünnt. Beim Vergleich des rechten und linken Auges sieht man eindeutig den nicht vorhandenen Berg superior am rechten Auge. Jedoch erscheint in der Advanced-Darstellung der Donat auf beiden Augen regelrecht und unauffällig. Deutet dieser Befund schon auf ein Glaukom hin?
Jetzt wäre meine Frage: Ist der an der Papille beobachtete Nervenfaserrückgang ein Grund aktiv zu werden und den Kunden zeitnah zum Augenarzt zu schicken, oder sollte man hier abwarten und beobachten, da die Nervenfasern um die Makula noch alle gut aussehen?
Ich möchte den Kunden nicht verunsichern, jedoch auch nicht verpassen, falls nötig, ihn rechtzeitig an den Arzt zu überweisen.
Vielen Dank für eure Hilfe im Voraus!
Ich freue mich von euch zu hören.
Liebe Grüße
Isabel Bauch
Hallo liebe Mitglieder,
ich habe einen Kunden, 61 Jahre alt, männlich. Der Visus pro Auge beträgt 1,25. Am rechten Unterlid befindet sich ein Hordeolum auf der tarsalen Bindehaut. Sonst keinerlei Auffälligkeiten am Vorderabschnitt. Druck ganz im Normalbereich bei R 14,6 mmHg und L 15,6 mmHg.
Makula ist bds. ohne Befund im OCT. Bei der Ansicht der Papille erscheint mir der superiore Nervenfaserstrang am rechten Auge ausgedünnt. Beim Vergleich des rechten und linken Auges sieht man eindeutig den nicht vorhandenen Berg superior am rechten Auge. Jedoch erscheint in der Advanced-Darstellung der Donat auf beiden Augen regelrecht und unauffällig. Deutet dieser Befund schon auf ein Glaukom hin?
Jetzt wäre meine Frage: Ist der an der Papille beobachtete Nervenfaserrückgang ein Grund aktiv zu werden und den Kunden zeitnah zum Augenarzt zu schicken, oder sollte man hier abwarten und beobachten, da die Nervenfasern um die Makula noch alle gut aussehen?
Ich möchte den Kunden nicht verunsichern, jedoch auch nicht verpassen, falls nötig, ihn rechtzeitig an den Arzt zu überweisen.
Vielen Dank für eure Hilfe im Voraus!
Ich freue mich von euch zu hören.
Liebe Grüße
Isabel Bauch
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Zitat von Joshua Torrent Despouy am 3. März 2025, 00:21 UhrHallo zusammen,
nicht jeder auffällige Befund bedeutet automatisch eine Erkrankung, doch er wirft Fragen auf, die eine sorgfältige Abwägung erfordern. Im vorliegenden Fall zeigt sich am rechten Auge eine deutliche Veränderung der retinalen Nervenfaserschicht (RNFL). Die entscheidende Frage lautet: Handelt es sich um ein frühes Glaukomstadium, das eine engmaschige Überwachung oder gar eine therapeutische Maßnahme erforderlich macht? Oder ist die Abweichung lediglich eine anatomische Normvariante, die keinen weiteren Handlungsbedarf mit sich bringt?
Ein erster beruhigender Faktor ist der Augeninnendruck, der sich im Normbereich befindet. Dennoch sollte man diesem Wert nicht zu viel Gewicht beimessen, denn der Augeninnendruck ist keine statische Größe. Er unterliegt natürlichen Schwankungen und kann allein nicht als verlässlicher Indikator für das Vorliegen eines Glaukoms dienen. Viel relevanter ist die Gesamtbetrachtung aller verfügbaren Parameter. Auch das Alter des Patienten spielt eine Rolle, denn mit zunehmendem Lebensalter steigt das Risiko für ein Glaukom.
Besonders interessant ist die Bildgebung in diesem Fall. Die peripapilläre RNFL-Analyse zeigt am rechten Auge eine auffällige sektorielle Abweichung. Doch anstatt voreilig eine Diagnose zu stellen, lohnt es sich, einen genaueren Blick auf die ergänzende Untersuchung zu werfen. Die Analyse des zentralen RNFL+GCC+INL-Komplexes zeigt keine pathologischen Veränderungen. Das Muster erscheint homogen und entspricht dem typischen „Donut“-Bild, das wir bei unauffälligen Befunden erwarten. Diese Diskrepanz zwischen peripherer Auffälligkeit und zentraler Unauffälligkeit lässt zunächst aufatmen und spricht gegen eine fortgeschrittene neuroretinale Schädigung.
Doch was bedeutet das für das weitere Vorgehen? Die sektorielle RNFL-Abweichung ist zweifellos auffällig, doch sie allein reicht nicht aus, um eine Glaukomdiagnose zu stellen. Eine engmaschige Verlaufskontrolle in vier bis sechs Monaten erscheint daher als die vernünftigste Entscheidung. Falls sich in den Kontrollen keine weiteren Veränderungen zeigen, könnte die Auffälligkeit als individuelle Normvariante gewertet werden. Sollte jedoch eine fortschreitende RNFL-Minderung erkennbar sein, wäre dies ein klares Warnsignal, das eine weiterführende diagnostische Abklärung und gegebenenfalls eine therapeutische Intervention erfordert.
Dieser Fall zeigt exemplarisch, wie facettenreich die Interpretation ophthalmologischer Befunde sein kann. Er verdeutlicht, dass nicht jeder strukturelle Hinweis automatisch eine Pathologie bedeutet, aber auch, dass eine zu nachlässige Bewertung riskant sein kann. Die Kunst liegt darin, zwischen unnötiger Beunruhigung des Patienten und der Gefahr, eine relevante Erkrankung zu übersehen, die richtige Balance zu finden.
Beste Grüße,
Dr. Joshua Torrent Despouy
Hallo zusammen,
nicht jeder auffällige Befund bedeutet automatisch eine Erkrankung, doch er wirft Fragen auf, die eine sorgfältige Abwägung erfordern. Im vorliegenden Fall zeigt sich am rechten Auge eine deutliche Veränderung der retinalen Nervenfaserschicht (RNFL). Die entscheidende Frage lautet: Handelt es sich um ein frühes Glaukomstadium, das eine engmaschige Überwachung oder gar eine therapeutische Maßnahme erforderlich macht? Oder ist die Abweichung lediglich eine anatomische Normvariante, die keinen weiteren Handlungsbedarf mit sich bringt?
Ein erster beruhigender Faktor ist der Augeninnendruck, der sich im Normbereich befindet. Dennoch sollte man diesem Wert nicht zu viel Gewicht beimessen, denn der Augeninnendruck ist keine statische Größe. Er unterliegt natürlichen Schwankungen und kann allein nicht als verlässlicher Indikator für das Vorliegen eines Glaukoms dienen. Viel relevanter ist die Gesamtbetrachtung aller verfügbaren Parameter. Auch das Alter des Patienten spielt eine Rolle, denn mit zunehmendem Lebensalter steigt das Risiko für ein Glaukom.
Besonders interessant ist die Bildgebung in diesem Fall. Die peripapilläre RNFL-Analyse zeigt am rechten Auge eine auffällige sektorielle Abweichung. Doch anstatt voreilig eine Diagnose zu stellen, lohnt es sich, einen genaueren Blick auf die ergänzende Untersuchung zu werfen. Die Analyse des zentralen RNFL+GCC+INL-Komplexes zeigt keine pathologischen Veränderungen. Das Muster erscheint homogen und entspricht dem typischen „Donut“-Bild, das wir bei unauffälligen Befunden erwarten. Diese Diskrepanz zwischen peripherer Auffälligkeit und zentraler Unauffälligkeit lässt zunächst aufatmen und spricht gegen eine fortgeschrittene neuroretinale Schädigung.
Doch was bedeutet das für das weitere Vorgehen? Die sektorielle RNFL-Abweichung ist zweifellos auffällig, doch sie allein reicht nicht aus, um eine Glaukomdiagnose zu stellen. Eine engmaschige Verlaufskontrolle in vier bis sechs Monaten erscheint daher als die vernünftigste Entscheidung. Falls sich in den Kontrollen keine weiteren Veränderungen zeigen, könnte die Auffälligkeit als individuelle Normvariante gewertet werden. Sollte jedoch eine fortschreitende RNFL-Minderung erkennbar sein, wäre dies ein klares Warnsignal, das eine weiterführende diagnostische Abklärung und gegebenenfalls eine therapeutische Intervention erfordert.
Dieser Fall zeigt exemplarisch, wie facettenreich die Interpretation ophthalmologischer Befunde sein kann. Er verdeutlicht, dass nicht jeder strukturelle Hinweis automatisch eine Pathologie bedeutet, aber auch, dass eine zu nachlässige Bewertung riskant sein kann. Die Kunst liegt darin, zwischen unnötiger Beunruhigung des Patienten und der Gefahr, eine relevante Erkrankung zu übersehen, die richtige Balance zu finden.
Beste Grüße,
Dr. Joshua Torrent Despouy

Zitat von Isabel Bauch am 4. März 2025, 13:49 UhrLieber Dr. Joshua Torrent Despouy,
vielen Dank für Ihre Einschätzung zu meinem Kunden. Ich bin beruhigt, dass Sie es ebenfalls erst einmal als unbedenklichen Befund einschätzen, der jedoch kontrolliert werden sollte. Ihre ausführlichen Erklärungen helfen enorm weiter die Befunde umfassend zu verstehen.
Wir alle hier können uns sehr glücklich schätzen, dass Sie uns hier im Forum immer so schnelle Antworten auf unsere Fragen geben und uns unterstützen. Vielen, vielen Dank für Ihre hervorragende Arbeit!
Liebe Grüße
Isabel Bauch
Lieber Dr. Joshua Torrent Despouy,
vielen Dank für Ihre Einschätzung zu meinem Kunden. Ich bin beruhigt, dass Sie es ebenfalls erst einmal als unbedenklichen Befund einschätzen, der jedoch kontrolliert werden sollte. Ihre ausführlichen Erklärungen helfen enorm weiter die Befunde umfassend zu verstehen.
Wir alle hier können uns sehr glücklich schätzen, dass Sie uns hier im Forum immer so schnelle Antworten auf unsere Fragen geben und uns unterstützen. Vielen, vielen Dank für Ihre hervorragende Arbeit!
Liebe Grüße
Isabel Bauch