Auffällige Makula - Kd soll IVOM bekommen
Zitat von goeltzer_Optometrie am 28. Oktober 2025, 14:52 UhrHallo in die Runde,
wir hatten heute einen Fall mit einer Dame (82J), der nicht ganz schlüssig erscheint. Es ist eindeutig eine Flüssigkeitsansammlung an der Makula am rechten Auge zu sehen. Diese befindet sich jedoch nicht in der typischen Schicht.
Der Augenarzt möchte 3x Eylea als IVOM geben. Welcher Meinung sind Sie? Ist diese Therapie empfehlenswert oder gibt es Alternativen? Oder abwarten?
Die Dame nimmt seit Mai Nahrungsergänzung für die Nezhaut (NutriStulln).
Herzlichen Dank im Voraus für baldige Antwort
A. Krzoska
Hallo in die Runde,
wir hatten heute einen Fall mit einer Dame (82J), der nicht ganz schlüssig erscheint. Es ist eindeutig eine Flüssigkeitsansammlung an der Makula am rechten Auge zu sehen. Diese befindet sich jedoch nicht in der typischen Schicht.
Der Augenarzt möchte 3x Eylea als IVOM geben. Welcher Meinung sind Sie? Ist diese Therapie empfehlenswert oder gibt es Alternativen? Oder abwarten?
Die Dame nimmt seit Mai Nahrungsergänzung für die Nezhaut (NutriStulln).
Herzlichen Dank im Voraus für baldige Antwort
A. Krzoska
Hochgeladene Dateien:Zitat von Joshua Torrent Despouy am 2. November 2025, 00:31 UhrHallo zusammen,
wieder einmal ein wirklich spannender Fall!
Diesmal geht es um die Frage, welche Pathologie hier genau vorliegt – und vor allem: wie sollte man therapeutisch weiter vorgehen? Besonders interessant ist die Überlegung, ob in diesem Fall eine IVOM-Therapie (intravitreale operative Medikamenteneingabe) überhaupt indiziert ist und ob sie Aussicht auf Erfolg hätte.Beim ersten Blick auf die OCT-Aufnahme fällt ein optisch leerer Raum direkt unterhalb der Fovea auf. Zunächst könnte man an eine subretinale Flüssigkeit – etwa im Rahmen einer neovaskulären Aktivität – denken. Doch bei genauerer Betrachtung des darunterliegenden RPE und der angrenzenden Netzhautschichten zeigt sich ein anderes Bild:
Das RPE erscheint unregelmäßig und „ausgetanzt“, was die verstärkte Transmission des Lichts in die Aderhautebene erklärt – ein Hinweis auf einen strukturellen Defekt. Zudem finden sich in den inneren Netzhautschichten vereinzelte hyperreflektive Partikel, die typischerweise auf degeneratives Material hindeuten.
Es handelt sich also nicht um eine klassische Flüssigkeitsansammlung, wie sie bei einer MNV (Neovaskularisation) vorkommt. Vielmehr sehen wir hier einen optisch leeren Raum, der im Rahmen eines degenerativen Umbaus entstanden ist.
Dieser Prozess ist nicht automatisch mit einer AMD gleichzusetzen.
Während bei der AMD meist multiple Drusen, eine unruhige Pigment bzw. RPE-Struktur und großflächige Degeneration zu finden sind, zeigt sich hier eine fokal begrenzte, klar abgegrenzte Veränderung.Damit wird der Fall noch interessanter... Der Schlüssel zur Diagnose: der Verlauf!
Ein Blick in die Verlaufsaufnahmen bringt Licht ins Dunkel:
Bereits im Jahr 2022 war in genau diesem Bereich eine Pigmentepithelabhebung (PED) sichtbar, das damals mit hyperreflektivem Material gefüllt war – ähnlich einer Druse. Diese Entwicklung passt hervorragend zu einer adulten pseudovitelliformen Makuladystrophie (APVM).Die APVM ist eine seltene, meist beidseitig auftretende Erkrankung der Makula, die vorwiegend im mittleren bis höheren Erwachsenenalter beginnt.
Sie zählt zu den sogenannten pattern dystrophies des retinalen Pigmentepithels. Klinisch zeigt sich typischerweise eine gelblich-runde, vitelliforme Läsion im Bereich der Fovea – das Bild erinnert an eine Eierspeise („vitelliform“). Daher die Bezeichnung pseudovitelliform, da die Erscheinung der juvenilen Morbus-Best-Erkrankung ähnelt, aber andere Ursachen hat.Pathophysiologisch liegt eine degenerative Funktionsstörung des RPE und der Photorezeptoren zugrunde. Dabei kommt es zu einer Ansammlung von lipofuszinartigem Material zwischen RPE und Netzhaut.
Genetisch konnten in einigen Fällen Mutationen im PRPH2- (Peripherin/RDS) und BEST1-Gen beschrieben werden, jedoch nicht bei allen Patienten.Der Krankheitsverlauf ist chronisch und meist langsam progredient:
Nach einer Phase der Stabilität kann es zur Resorption der vitelliformen Ablagerung und in Folge zu einer zentralen RPE-Atrophie kommen. In manchen doch eher seltenen Fällen entwickelt sich sekundär eine Neovaskularisation.Im aktuellen Stadium zeigt sich die Läsion in der Resorptions- und Atrophiephase.
Es gibt keine Hinweise auf Aktivität, keine Flüssigkeit, keine CNV.
Eine IVOM-Therapie wäre daher nicht indiziert, da keine vaskuläre Aktivität vorliegt, gegen die ein anti-VEGF-Präparat wirken könnte.Leider gibt es derzeit keine Therapie, die das geschädigte RPE regenerieren kann. Daher ist das Vorgehen konservativ und beobachtend:
regelmäßige Kontrollen (OCT, ggf. FAF, ggf. Fluoreszenzangiographie bei Verdacht auf CNV)
Aufklärung des Patienten über den meist stabilen Verlauf
Visuskontrollen und ggf. Sehschulung bei zentralem Skotom
Trotz des zentralen Visusverlustes bleibt die Erkrankung häufig über Jahre relativ stabil. Die Patienten behalten oft eine gute Orientierungsfähigkeit, und der Verlauf ist meist chronisch, aber nicht aggressiv.
Ein lehrreicher Fall..... freue mich auf weitere spannende Fälle!
Viele Grüße an alle!
Dr. Joshua Torrent D.
Hallo zusammen,
wieder einmal ein wirklich spannender Fall!
Diesmal geht es um die Frage, welche Pathologie hier genau vorliegt – und vor allem: wie sollte man therapeutisch weiter vorgehen? Besonders interessant ist die Überlegung, ob in diesem Fall eine IVOM-Therapie (intravitreale operative Medikamenteneingabe) überhaupt indiziert ist und ob sie Aussicht auf Erfolg hätte.
Beim ersten Blick auf die OCT-Aufnahme fällt ein optisch leerer Raum direkt unterhalb der Fovea auf. Zunächst könnte man an eine subretinale Flüssigkeit – etwa im Rahmen einer neovaskulären Aktivität – denken. Doch bei genauerer Betrachtung des darunterliegenden RPE und der angrenzenden Netzhautschichten zeigt sich ein anderes Bild:
Das RPE erscheint unregelmäßig und „ausgetanzt“, was die verstärkte Transmission des Lichts in die Aderhautebene erklärt – ein Hinweis auf einen strukturellen Defekt. Zudem finden sich in den inneren Netzhautschichten vereinzelte hyperreflektive Partikel, die typischerweise auf degeneratives Material hindeuten.
Es handelt sich also nicht um eine klassische Flüssigkeitsansammlung, wie sie bei einer MNV (Neovaskularisation) vorkommt. Vielmehr sehen wir hier einen optisch leeren Raum, der im Rahmen eines degenerativen Umbaus entstanden ist.
Dieser Prozess ist nicht automatisch mit einer AMD gleichzusetzen.
Während bei der AMD meist multiple Drusen, eine unruhige Pigment bzw. RPE-Struktur und großflächige Degeneration zu finden sind, zeigt sich hier eine fokal begrenzte, klar abgegrenzte Veränderung.
Damit wird der Fall noch interessanter... Der Schlüssel zur Diagnose: der Verlauf!
Ein Blick in die Verlaufsaufnahmen bringt Licht ins Dunkel:
Bereits im Jahr 2022 war in genau diesem Bereich eine Pigmentepithelabhebung (PED) sichtbar, das damals mit hyperreflektivem Material gefüllt war – ähnlich einer Druse. Diese Entwicklung passt hervorragend zu einer adulten pseudovitelliformen Makuladystrophie (APVM).
Die APVM ist eine seltene, meist beidseitig auftretende Erkrankung der Makula, die vorwiegend im mittleren bis höheren Erwachsenenalter beginnt.
Sie zählt zu den sogenannten pattern dystrophies des retinalen Pigmentepithels. Klinisch zeigt sich typischerweise eine gelblich-runde, vitelliforme Läsion im Bereich der Fovea – das Bild erinnert an eine Eierspeise („vitelliform“). Daher die Bezeichnung pseudovitelliform, da die Erscheinung der juvenilen Morbus-Best-Erkrankung ähnelt, aber andere Ursachen hat.
Pathophysiologisch liegt eine degenerative Funktionsstörung des RPE und der Photorezeptoren zugrunde. Dabei kommt es zu einer Ansammlung von lipofuszinartigem Material zwischen RPE und Netzhaut.
Genetisch konnten in einigen Fällen Mutationen im PRPH2- (Peripherin/RDS) und BEST1-Gen beschrieben werden, jedoch nicht bei allen Patienten.
Der Krankheitsverlauf ist chronisch und meist langsam progredient:
Nach einer Phase der Stabilität kann es zur Resorption der vitelliformen Ablagerung und in Folge zu einer zentralen RPE-Atrophie kommen. In manchen doch eher seltenen Fällen entwickelt sich sekundär eine Neovaskularisation.
Im aktuellen Stadium zeigt sich die Läsion in der Resorptions- und Atrophiephase.
Es gibt keine Hinweise auf Aktivität, keine Flüssigkeit, keine CNV.
Eine IVOM-Therapie wäre daher nicht indiziert, da keine vaskuläre Aktivität vorliegt, gegen die ein anti-VEGF-Präparat wirken könnte.
Leider gibt es derzeit keine Therapie, die das geschädigte RPE regenerieren kann. Daher ist das Vorgehen konservativ und beobachtend:
-
regelmäßige Kontrollen (OCT, ggf. FAF, ggf. Fluoreszenzangiographie bei Verdacht auf CNV)
-
Aufklärung des Patienten über den meist stabilen Verlauf
-
Visuskontrollen und ggf. Sehschulung bei zentralem Skotom
Trotz des zentralen Visusverlustes bleibt die Erkrankung häufig über Jahre relativ stabil. Die Patienten behalten oft eine gute Orientierungsfähigkeit, und der Verlauf ist meist chronisch, aber nicht aggressiv.
Ein lehrreicher Fall..... freue mich auf weitere spannende Fälle!
Viele Grüße an alle!
Dr. Joshua Torrent D.
Zitat von goeltzer_Optometrie am 13. November 2025, 16:52 UhrHallo Herr Dr. Torrent,
vielen Dank für die schnelle und aufschlussreiche Antwort auf unsere letzte Frage.
Leider zeigte sich bei einer erneuten Messung gestern eine Veränderung im OCT, die uns und die Kundin nun doch wieder verunsicherte. Ist diese Veränderung noch im Rahmen der "stabilen Entwicklung über mehrere Jahre" oder ist hier doch eine Indikation für eine andere, zeitnahe Therapie zu sehen?
Ich habe die aktuellen Bilder angefügt. Besonders beim rechten Auge scheint sich etwas in der Netzhaut getan zu haben...
Vielleicht haben Sie noch einmal die Möglichkeit dazu eine Aussage zu machen?
Vielen Dank im Vorraus!
Hallo Herr Dr. Torrent,
vielen Dank für die schnelle und aufschlussreiche Antwort auf unsere letzte Frage.
Leider zeigte sich bei einer erneuten Messung gestern eine Veränderung im OCT, die uns und die Kundin nun doch wieder verunsicherte. Ist diese Veränderung noch im Rahmen der "stabilen Entwicklung über mehrere Jahre" oder ist hier doch eine Indikation für eine andere, zeitnahe Therapie zu sehen?
Ich habe die aktuellen Bilder angefügt. Besonders beim rechten Auge scheint sich etwas in der Netzhaut getan zu haben...
Vielleicht haben Sie noch einmal die Möglichkeit dazu eine Aussage zu machen?
Vielen Dank im Vorraus!
Hochgeladene Dateien:Zitat von Joshua Torrent Despouy am 16. November 2025, 10:55 UhrHallo in die Runde,
die aktuelle Entwicklung stellt sich leider anders dar als zunächst angenommen. Trotz meiner vorherigen Einschätzung, dass die Netzhautarchitektur stabil bleiben würde, zeigt die Verlaufskontrolle nun eine deutliche Zunahme der subretinalen Exsudation. Dieses Bild spricht leider klar für eine bestehende Instabilität im Sinne einer aktiven, vermutlich sekundären MNV. Damit ist die Indikation für eine IVOM-Therapie am rechten Auge gegeben.
Falls noch nicht erfolgt, sollte die vermutete MNV – ebenso wie deren genauer Phänotyp – im Vorfeld mittels Fluoreszenzangiographie bestätigt werden, um eine gezielte und fundierte Therapieentscheidung zu ermöglichen. Aus klinischer Erfahrung und dem bisherigen Erscheinungsbild heraus erwarte ich grundsätzlich ein gutes und rasches Ansprechen auf die IVOM-Behandlung.
Ich bin sehr gespannt auf den weiteren Verlauf.
Viele Grüße,
Dr. Joshua Torrent Despouy
Hallo in die Runde,
die aktuelle Entwicklung stellt sich leider anders dar als zunächst angenommen. Trotz meiner vorherigen Einschätzung, dass die Netzhautarchitektur stabil bleiben würde, zeigt die Verlaufskontrolle nun eine deutliche Zunahme der subretinalen Exsudation. Dieses Bild spricht leider klar für eine bestehende Instabilität im Sinne einer aktiven, vermutlich sekundären MNV. Damit ist die Indikation für eine IVOM-Therapie am rechten Auge gegeben.
Falls noch nicht erfolgt, sollte die vermutete MNV – ebenso wie deren genauer Phänotyp – im Vorfeld mittels Fluoreszenzangiographie bestätigt werden, um eine gezielte und fundierte Therapieentscheidung zu ermöglichen. Aus klinischer Erfahrung und dem bisherigen Erscheinungsbild heraus erwarte ich grundsätzlich ein gutes und rasches Ansprechen auf die IVOM-Behandlung.
Ich bin sehr gespannt auf den weiteren Verlauf.
Viele Grüße,
Dr. Joshua Torrent Despouy