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AMD-Verdacht? (=> adulten vitelliformen Makuladystrophie (AVMD))

Hallo in die Runde,

ich habe folgenden Patienten: männlich, Baujahr 1945. Der Visus CC ist rechts 0,5 und links 0,63.

Am 05.08.2024 und am 04.11.2024 wurde jeweils vom rechten und linken Auge ein Makula-OCT gemacht. Ein verwertbares Fundusbild ist aufgrund sehr kleiner Pupillen leider nicht machbar gewesen.

Auf dem linken Auge war im August und auch heute eine Unterbrechnung im Pigmentepithel und eine Verdickung, die sich bis nach oben zieht zu erkennen. Handelt es sich hierbei um eine Narbe?

Auf dem rechten Auge haben wir im August in der Makula eine kleine Flüssigkeitsansammlung beobachtet. Diese hat sich bis heute nicht verändert und ist weder größer noch kleiner geworden. Allerdings ist jetzt intraretinal linksseitig der bestehenden Flüssigkeitsblase eine weitere kleine dazugekommen.

Nun wäre meine Frage: Beobachtet man an dieser Stelle weiter engmaschig z.B. im Vierteljahres-Rhythmus oder sollte der Patinent zeitnah einen Arzt aufsuchen, um eine AMD auszuschließen?

 

Vielen Dank im Voraus für Eure Hilfe!

 

Liebe Grüße

Isabel Bauch

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Hallo Frau Bauch,
ich versuche einmal meine Interpretation zu schreiben und wünsche mir, sofern ich nicht richtig liege Nachsicht walten zu lassen.

Mich würde interessieren, ob der Kunde bereits eine Cat-OP R/L hinter sich hat oder noch nicht. Der Visus wäre Post-Cat-OP und mit der noch ordentlichen Makula, doch schon recht auffällig niedrig.
Die Auffälligkeiten am linken Auge würde ich mit der Anatomie um den Sehnerv herum erklären. Der Schnitt geht leicht unterhalb der Papille durch die verdickte Nervenfaserschicht und das empfinde ich nicht als eine Auffälligkeit.

Am rechten Auge bin ich auch gespannt was unsere Experten dazu schreiben, aber die typischen Auffälligkeiten wie wir sie bei einer AMD erwarten kann ich nicht erkennen.  Für eine reine Flüssigkeitsansammlung würde ich eine noch dunklere Struktur erwarten. Der Ort ist sicherlich exponiert, glücklicherweise scheint mir die Ausdehnung nicht besonders visusrelevant zu sein. Besonders bei diesem Punkt freue ich mich über die richtige Expertise.

Ich freue mich über einen weiteren Austausch und schicke lieben Grus aus München.

Andreas Steinmeyer

Hallo,

vielen Dank für die Beiträge. Im ersten Schnitt links sieht es für mich nach subretinalem hyperreflektierendem Material (SHRM) aus – möglicherweise eine vitelliforme Läsion (gelbes Pigment). Das könnte auf eine Form der altersabhängigen Makuladegeneration (AMD) hindeuten, die jedoch eher genetisch bedingt ist. Ich habe gelesen, dass bei gleichzeitigem Vorhandensein von Drusen es dann eher wahrscheinlich doch eine AMD ist. In den weiteren Schnitten erkennen wir zudem Störungen im retinalen Pigmentepithel (RPE), in der elopsoiden Zone und ebenfalls Drusen.

Rechts sieht man zentral eine Atrophie, Störungen in der Ellipsoidzone und RPE......würde dann schon für eine AMD sprechen.

Die genaue Diagnose liegt natürlich im Ermessen des Augenarztes, und der spezifische Begriff für den Befund ist für uns vielleicht gar nicht so entscheidend. Ich würde eine Überweisung empfehlen, da ich eine augenärztliche Beobachtung für sinnvoll halte, es sei denn, der Augenarzt vor Ort bespricht mit uns eine andere Vorgehensweise.

Da keine akuten Anzeichen (R keine L wenig/keine Flüssigkeit?) oder andere Marker für eine sofortige Therapie vorliegen, handelt es sich meiner Meinung nach nicht um einen Notfall. Den genauen zeitlichen Rahmen würde ich mit der Augenärztin oder dem Augenarzt abstimmen und gegebenenfalls die Aufnahmen weiterleiten.

Ich freue mich auch auf weitere Meinungen und Diskussionen.

Vielen Dank und beste Grüße,
Georg Scheuerer

Guten Abend liebes Forum,

es ist wirklich bemerkenswert, auf welchem hohen Niveau wir uns hier über ophthalmologische Themen austauschen können. Eure Beiträge sind nicht nur fachlich fundiert, sondern zeugen auch von echter Begeisterung für die Materie. Es ist ein Vergnügen, zu sehen, wie viel Wissen und Sorgfalt in jede Fallbesprechung einfließen. Ein großes Lob an euch alle!

Besonders hervorheben möchte ich an dieser Stelle die Befundung von Georg Scheuerer. Die präzise und detaillierte Beachreibungen der Veränderungen, die er vorgelegt hat, sind ein Paradebeispiel für exzellente diagnostische Befundung.

Nun aber, um dem Ganzen einen kleinen, aber wichtigen medizinischen Feinschliff zu geben: Wir sprechen hier tatsächlich von einer Pseudovitelliformen beziehungsweise einer adulten vitelliformen Makuladystrophie (AVMD). Diese Erkrankung ist schon selten und verdient es, genauer betrachtet zu werden.

Nun, für alle, die sich noch tiefer mit dem Thema beschäftigen wollen, ein kurzer Überblick zur adulten vitelliformen Makuladystrophie (AVMD): Diese seltene Netzhauterkrankung betrifft beide Augen und tritt typischerweise im Erwachsenenalter auf, meist zwischen dem 30. und 50. Lebensjahr. Verursacht wird AVMD durch genetische Mutationen, die die Funktion der Netzhautzellen beeinträchtigen.

Die charakteristischen gelblichen Ablagerungen in der Makula erinnern an das Eigelb eines Spiegeleis – daher der Begriff "vitelliform" (vom lateinischen vitellus, was „Eigelb“ bedeutet). Diese Ablagerungen können zu Sehproblemen führen, vor allem beim Lesen oder beim Erkennen feiner Details. Glücklicherweise bleibt das periphere Sehen meistens unbeeinträchtigt. Der Krankheitsverlauf ist individuell unterschiedlich: Während manche Patienten mit relativ stabilen Sehfunktionen leben, erleben andere eine allmähliche Verschlechterung des zentralen Sehens.

Ein interessantes Merkmal dieser Erkrankung ist die Resorption des vitelliformen Materials im Verlauf, wodurch sich ein optisch leerer Spalt bildet. Dieser kann mit einer feuchten AMD (fAMD) verwechselt werden, doch wichtig ist zu wissen: Die adulte vitelliforme Makuladystrophie hat eine völlig andere Ursache und ist nicht mit der klassischen altersabhängigen Makuladegeneration assoziiert.

Zur Behandlung:

Es gibt derzeit keine Therapie. Die medizinische Betreuung konzentriert sich auf die regelmäßige Überwachung und die Optimierung von Sehhilfen, um den Alltag der Betroffenen zu erleichtern. Nach Diagnosestellung empfehle ich, im ersten Jahr vierteljährliche Kontrollen durchzuführen. Ab dem zweiten Jahr reicht es in der Regel, die Augen halbjährlich zu überprüfen. Hier geht es aber primär auszuschließen dass sich seltene Komplikationen, wie eine sekundäre CNV (pathologische Gefäßneubildung) bildet. Diese sind oft mit deutlichen Befundverschlechterungen assoziiert, können aber mit IVOM wieder zurückgebildet werden.

In diesem Sinne freue ich mich weiterhin auf eure Meinungen und Fragen zu den einzelnen Fällen. Bleibt engagiert und neugierig – der Austausch hier macht Spaß!

 

Viele Grüße

Dr. med. Joshua Torrent Despouy

Georg Scheuerer, Martin Kneppeck und Isabel Bauch haben auf diesen Beitrag reagiert.
Georg ScheuererMartin KneppeckIsabel Bauch

Wow! Vielen, vielen Dank für die zahlreichen Antworten. Ich konnte wieder etwas dazu lernen. Der Austausch und das Schwarmwissen, v.a. aber die gut verständlichen Erklärungen von Dr. Joshua Torrent Despouy sind wirklich eine sehr große Hilfe!