Bitte oder Registrieren, um Beiträge und Themen zu erstellen.

12 jähriges Kind CD auffällig

Die Papillen des Knaben sind zwar auffällig, die GCL/IPL Dicke aber nicht. Die GCL/IPL "Signifikanz" fällt mir schwer zu beurteilen weil ich Schwierigkeiten mit der Begrifflichkeit habe. Ich bitte um Unterstützung ...

Anamnese: R: 0,0  L: +0,5  -0,5  170  Vcc 1,0

Tono: OD: 15,6     OS:  16,0

 

Hochgeladene Dateien:

Hallo Zusammen,

dieser Fall ist zweifellos spannend und zeigt einmal mehr, wie anspruchsvoll die Beurteilung des Sehnervs im Kindesalter sein kann. Gerade bei Kindern ist es oftmals herausfordernd, die Papillenmorphologie sicher zu beurteilen, da sich die physiologischen Normvarianten zum Teil deutlich von denen Erwachsener unterscheiden. Manche Papillen „tanzen“ im wahrsten Sinne des Wortes aus der Reihe – ohne dass zwingend eine Pathologie dahinterstehen muss.

Zunächst beruhigend ist, dass der Augeninnendruck im Normbereich liegt. Dennoch fallen im OCT auffällige Papillenparameter auf. Die klinische Beurteilung der Morphologie bleibt jedoch limitiert, weshalb ein Fundusfoto – wenn die Mitarbeit es erlaubt – sehr wertvolle Zusatzinformationen liefern kann, sowohl zur Einschätzung als auch zur Verlaufskontrolle.

Ein wichtiger Punkt, den ich betonen möchte, ist die Auswertung der OCT-Daten selbst: Die Gerätealgorithmen sind primär für die Anatomie erwachsener Augen entwickelt worden. Bei Kindern hingegen – mit ihren physiologischen Besonderheiten – kann die automatische Analyse der Papillen- und RNFL-Parameter in die Irre führen. Es besteht daher eine nicht unerhebliche Unsicherheit, was die Aussagekraft dieser Werte betrifft. Eine normabweichende Messung bedeutet hier nicht automatisch Pathologie – ebenso wenig garantiert ein "unauffälliger" Befund Sicherheit.

Trotzdem zeigt die Darstellung der Nervenfaserschicht zentral eine regelrechte Verteilung, was in Zusammenschau mit der Ganglienzellschicht eher für eine harmlose Optikusanomalie als für eine relevante Pathologie spricht. Doch auch hier gilt: Die technische Analyse ist kein Ersatz für klinische Erfahrung – sie kann nur ergänzen, nicht entscheiden.

Was bleibt, ist der ärztliche Blick und das klinische Bauchgefühl, das durch Erfahrung geschärft wird. Deshalb empfehle ich, die Untersuchung in etwa sechs Monaten zu wiederholen – idealerweise mit erneutem OCT sowie Fundusfotografie zur Dokumentation. Der Verlauf bietet oftmals die nötige diagnostische Klarheit, die eine Momentaufnahme nicht liefern kann.

Allgemein kann eine Mitbeurteilung durch eine Kollegin oder einen Kollegen zusätzliche Sicherheit bringen, insbesondere wenn Unsicherheiten bestehen.

Ich hoffe, diese Überlegungen sind hilfreich für die weitere Einschätzung und freue mich über den fachlichen Austausch.

Liebe Grüße an die Community,

Euer Dr. Joshua Torrent Despouy

Wolfgang Wander hat auf diesen Beitrag reagiert.
Wolfgang Wander

Welche Information liefert mir GCL+IPL Signifikanz? Die Nervenfaserschicht an der gefärbten Fläche scheint ja verdünnt, die Form entspricht der segmentierten Faserverteilung - was den Schluß zulassen könnte, dass es sich um die sehr frühe Vorstufe eines Skotomes handelt?

Hochgeladene Dateien:
  • GCL-IPL-Signifikanz.JPG

Hallo Wolfgang,

rein technisch betrachtet:
Die Signifikanz Karte zeigt die Messwerte verglichen mit dem Normativ.
Es wurde eine Anzahl gesunder Menschen gescannt, die erhaltenen Messwerte bilden das Normativ. Nehmen wir an, für einen bestimmten Punkt im Ring des Ganglion/IPL Komplexes gehen die Messwerte in Normativ von 90 bis 110 Mikrometer. Dass heißt der dünnste gemessene Wert bei einem gesunden Menschen war 90 Mikrometer.

Die Signifikanz Karte zeigt farbig an welcher Stelle sich der gemessene Dickenwert im unteren Bereich des Normativs befindet, Gelb für 2-5%, rot für den letzten Prozent Bereich (siehe Skala neben der Karte).
Diese Prozentuale Aufteilung hat sich für die Netzhautdicke recht gut bewährt, für den GPL/IPL Komplex ist das Ganze etwas schwieriger.
Wenn wir das Beispiel oben betrachten dann sind 1% Änderung in der Normativ Skala gerade mal 0,2 Mikrometer Schichtdicke. 5% wären dann 1 Mikrometer.
Die optische Auflösung fast aller OCT's ist aber ca. 5 Mikrometer, digital kann man das auf 1-2 Mikrometer "pimpen".

Was heißt das:
1. An den gelben Stellen der Signifikanz Karte befinden sich die Messwerte des Kindes im Verhältnis zum Normativ im unteren Bereich, das kann ein Warnhinweis sein oder eben eine Schichtdicke die ist wie sie ist.
2. Das Normativ besteht zudem in diesem Fall aus gesunden 18 jährigen, es gibt Normativdaten nur von 18 - 70 Jahren in 1-Jahres Abstufung, das muss man immer im Hinterkopf haben.
3. Wenn der Messwert bei 6% unserer Skala liegt wird er nicht farbig markiert, bei 5% aber schon. Der Unterschied ist aber nur 0,2 Mikrometer, das können wir messtechnisch gar nicht auflösen.

==> Die Signifikanz Karten können einen Hinweis geben, man darf sie aber nicht auf die Goldwaage legen.

Da die Betrachtung dieses dünnen Komplexes so schwierig ist hilft man sich mit den Differenzkarten (siehe unten), ich glaube die sollten wir beim nächsten OCT Abend noch mal besprechen.

Ich hoffe Josh lässt mir meine Erklärungen so durchgehen... ;-)

Liebe Grüße, Enno

 

 

Wolfgang Wander hat auf diesen Beitrag reagiert.
Wolfgang Wander